B27 bei Hüfingen: Brücken-Chirurgie - mit präzisen Schnitten

Zugegeben - dieses Sprachbild ruft nicht unbedingt Begeisterung hervor. Doch trotzdem: Chirurgen sind in der Medizin hochgeschätzt und unverzichtbar, denn sehr oft sichern gerade sie das Überleben ihrer Patienten. Übertragen auf die Instandsetzung von Bauwerken gilt Ähnliches. Ohne mutige und manchmal tiefgreifende Schnitte wären langfristige Sanierungen bei Brücken nicht möglich. Eine solche Sanierung realisiert die STORZ-Bauwerkinstandsetzung zurzeit an der B27 bei Hüfingen.

Die Sonne brennt in diesen Juli-Tagen erbarmungslos hernieder. „Tja, auf einer Brücke wachsen eben keine Bäume. Schatten können wir hier nicht bieten“, lacht Polier Ilir Zogu. Damit spricht er wohl stellvertretend für die allermeisten Kolleginnen und Kollegen auf den STORZ-Baustellen, denen es im Sommer ähnlich geht. Gerade ist man dabei, das Gesims dieser Brücke abzuschneiden, um es später mit einem Baggerlöffel hochzuwuchten auf die Kappe.

Klingt einfach, flößt in dieser speziellen Situation aber Respekt ein. Denn dies hier ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt auf der Baar. Hier kreuzen sich zwei vielbefahrene Bundesstraßen: die B27 und die B31. Unten strömen unaufhörlich PKW und vor allem LKW in ost-westlicher Richtung. Die zu sanierende Brücke der B27 verläuft in Nord-Süd-Richtung. Und auch über sie fließt weiterhin der Verkehr, wenngleich derzeit auf zwei Fahrspuren reduziert.

„Bei Brückensanierungen ist das fast der Normalfall“, sagt BWI-Bereichsleiter Bernd Weimer, der auch hier die Bauleitung innehat und gerade hinzukommt. „Wenn das Gesims abgeschnitten ist, ziehen wir auch die Kappen ab und entfernen die Abdichtung. Anschließend setzen wir die Fahrbahnplatte instand und bauen alles neu auf, inklusive einer neuen Fahrbahndecke. So haben wir es bereits beim ersten Bauabschnitt auf der Ostseite gemacht.“ Dieser ist zum Zeitpunkt des Besuchs seit einer Woche fertiggestellt und der Verkehr kann dort wieder in beide Richtungen fließen.

Diese aktuellen chirurgischen Schnitte bergen auch Tücken. Weimer betritt das Hängegerüst und zeigt auf tellergroße, quer zur Fahrbahn einbetonierte Metallsegmente. „Dies sind die Verankerungen der Querspannglieder. Rund 120 von ihnen finden wir hier - jeden halben Meter einen. Wenn man die beim Absägen des Gesimses erwischt, wird es für die Brücke lebensgefährlich.“ Hier muss also ganz exakt gearbeitet werden.

Und dann führt der Ingenieur den Besucher unter das Bauwerk. „Diese Brücke stammt von 1977 und ist eine Hohlkastenkonstruktion. Das Oberflächenwasser wird durch ein Rohrsystem im Inneren des Hohlkastens abgeführt. Eigentlich ein elegantes Konzept, aber auch ein nicht ungefährliches. Wenn es hier nämlich Undichtigkeiten gibt, können teure Schäden entstehen im Laufe der Zeit, da der Hohlkasten nicht konstant innen durch die Mitarbeiter der Straßenmeistereien kontrolliert wird.“ Durch Mannlöcher sei man ins Innere des Hohlkastens gelangt und habe den Zustand der Bodenplatte kontrolliert. Das Ergebnis: Es gab solche vermuteten Undichtigkeiten im Bereich der alten Entwässerungsrohre und Chloride aus dem winterlichen Schmelzwasser haben bereits zu Korrosion geführt. Die Platte im geschädigten Teilbereich müsse deshalb also ersetzt werden, um größere Schäden zu vermeiden.

Auch diese Maßnahme erfordert chirurgische Schnitte. Weimer: „In drei Segmenten werden wir nacheinander 40 m2 der Bodenplatte über der Fahrbahn herausnehmen. Dazu wird die unter dem Bauwerk verlaufende B31 natürlich halbseitig gesperrt. Mittels Höchstdruckwasserstrahl (HDW mit ca. 2500 bar) entfernen wir den maroden Beton der Bodenplatte in kompletter Plattendicke. Dann montieren wir eine Deckenschalung von unten und betonieren von innen her eine neue Bodenplatte.“ Um die nötige Stabilität der Brücke zu erreichen, würden anschließend links und rechts der beiden Stützen Querspannglieder als Exoskelett eingezogen.

„Dies hier ist eine Generalinstandsetzung, eine große Operation, und sie sichert den Fortbestand dieser Brücke für die nächsten Jahrzehnte“, sagt Weimer. „Eine schöne Maßnahme.“

Zurück