B33 Allensbach – Hegne: Modernste Erdarbeiten vor historischen Klostermauern

Hinter den alten Bruchsteinmauern des Klosters Hegne residieren seit 1895 die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz - eine katholische Ordensgemeinschaft, welche vor allem Werke der Nächstenliebe üben will. Klösterliche Ruhe vermissen die Kreuzschwestern jedoch schon seit Jahrzehnten: Direkt vor ihren Mauern fließt der Verkehr von und nach Konstanz unüberhörbar auf der B33. Inzwischen zählt man über 30.000 Fahrzeuge pro Tag. In wenigen Jahren jedoch soll dieser Lärm der Vergangenheit angehören. Direkt vor dem Kloster soll dann der Tunnel Hegne verlaufen. Storzianer haben im November unter der Leitung von Oberbauleiter Josef Bosch und unter der Führung von Polier Axel Jeske in den Bauabschnitten C und D mit den vorbereitenden Arbeiten für diese Großbaustelle begonnen. Sie arbeiten mit atemberaubender Geschwindigkeit.

Wie ein Feldherr steht Axel Jeske auf einem über 10 m hohen Hügel aus Bodenaushub, welchen seine Kollegen ziemlich in der Mitte dieser über 1,5 Kilometer messenden, schlauchartigen Baustelle aufgeschüttet haben. Im Osten ist am Horizont der Tunnel Waldsiedlung erkennbar, im Westen die Häuser von Allensbach. „Was wir hier bauen, dient erst einmal der Vorbereitung für die beiden späteren Tunnel-Baustellen. In einem ersten Schritt legen wir vorhandene Leitungen um und bauen Kanalisationen ein - eine ziemlich komplizierte Angelegenheit, die ein halbes Jahr lang dauern wird.“

Die Übersichtlichkeit dieser Baustelle vom Hügel aus täuscht. Für einen Außenstehenden sind die Planungen und Pläne zunächst einmal völlig unübersichtlich. „Machen Sie sich keine Gedanken“, schmunzelt Jeske tröstend, „ich habe auch lange gebraucht, bis ich das alles verstanden habe.“ Derzeit nämlich verlaufen hier viele Arbeiten parallel, deren Sinn und gemeinsames Ziel sich dem Laien erst nach und nach erschließen.

So verlegen zu Füßen dieses „Feldherrnhügels“ Storzianer große Kanalrohre. Im 30-to-Hitachi-Bagger verfüllt Helmut Lehrmayer schon wieder den Kanalgraben. An dessen anderem Ende setzt Baugeräteführer Jürgen Bisswurm im Langarm-Bagger Erdreich aus einem Vorabtrag um. Gerhard Michaelsen in seiner CAT-D6N-Planierraupe und Walzenfahrer Marco Oliver bauen den Boden anschließend wieder endgültig ein. „Hier verlegen wir die Abflussleitung für die Straßenentwässerung der B33 – jetzt in 8 m Tiefe“, erläutert Axel Jeske. „Die Fortsetzung des Kanals verläuft dann genau in der Mitte der künftigen vierstreifigen B33neu – sie sorgt für die Entwässerung der Fahrbahnen. Aber täuschen Sie sich nicht: wenn hier alles fertig ist, liegen diese Kanäle nur noch anderthalb Meter unter der Straßendecke!“ Nicht einfach sich vorzustellen, was hier noch für gigantische Erdbewegungen nötig sein werden, bevor die neue Bundesstraße entstehen kann. STORZ arbeitet hier in einer ARGE mit den Kollegen von Schleith.

Um diesen westlichen Teil des Baufeldes freizumachen, müssen zunächst einmal vorhandene Leitungen umgelegt werden. Jeske: „Zwei Gas-Hochdruckleitungen, Abwasser, Strom, Wasser, Medien – alles muss auf die nördliche Seite der heutigen Bundesstraße.“ Dies geschehe in grabenloser Verlegetechnik. Mittels Spülbohrungen und Kabelpflug würden die Leitungen umgelegt. Der Polier führt den Besucher an Start- und Zielgruben dieser Leitungen, welche mit großer Exaktheit in 8 bis 10 m Tiefe unter der heutigen Bundesstraße durchgeführt werden. “Das Problem an dieser Baustelle: es geschieht hier alles unter Verkehr“, so der Polier.

Nördlich der heutigen zweistreifigen B33 verläuft ein Wirtschaftsweg. Parallel zu diesem haben die Storzianer schon einen Großteil der dort vorgesehenen Abwasserkanäle verlegt, welche Allensbach mit der Zentralkläranlage Konstanz als Freispiegel-Leitungen verbinden. In ihnen enden die beiden umgelegten Abwasser-Druckleitungen. Damit das Abwasser frei zu einer Kläranlage fließen kann, muss es entlang dem Bodensee immer in Druckleitungen hochgepumpt werden.

Erst wenn diese Arbeiten im Untergrund abgeschlossen seien, werde der Wirtschaftsweg zur provisorischen B33 umgebaut, um den heutigen Verkehr eine Zeit lang aufzunehmen, sagt Jeske. In einem zweiten Schritt werde die heutige Bundesstraße dann zurückgebaut und dieser Bereich tiefergelegt. Dazu würden größere Erdbewegungen nötig sein, denn die spätere B33neu werde deutlich tiefer verlaufen. In diesem Bauabschnitt C werde es zum Schluss eine vollständige Anschlussstelle Allensbachs an die neue Bundesstraße geben.

Der östlicher gelegene Bauabschnitt D verläuft direkt vor den Mauern des Klosters Hegne, wo später der gleichnamige Tunnel entstehen soll. Hier haben die Storzianer andere vorbereitende Aufgaben zu erledigen. Innerhalb kürzester Zeit haben sie hier eine U-förmige, insgesamt 750 m messende Umleitungsstrecke gebaut, welche weiterhin den Zugang zum DB-Haltepunkt Hegne und zum dortigen Campingplatz ermöglicht.

In der Mitte dieser Fläche geht es darum, umfangreiche Tiefgründungen und Bodenverbesserungsarbeiten zu leisten. „Hier unternehmen wir eine sogenannte Vorkonsolidierung“, erläutert der Polier. „Wir legen diese Fläche trocken, über die man jetzt noch nicht einmal laufen kann. Bald werden hier zwei 60-to-Großbohrgeräte stehen und ca. 6500 Vertikaldrains in bis zu 25m Tiefe rammen, aus denen das Wasser nach Aufbringen eine 7 bis 8 m hohen Erdwalls herausgepresst wird.“ Damit werde dem bis zu 45 m mächtige Beckenton ein Teil seines Wassers entnommen und das Gelände werde sich dann etwas senken.

Auch dieses östliche Baufeld in Sichtweite des Tunnels Waldsiedlung weise sehr schwierige geologische Verhältnisse auf, erklärt Jeske. Flussschotter, Schnegglisand, Beckenton, Geschiebemergel, Sand und Lehm seien hier vorhanden. Das Wasser stehe meistens bis zur Geländeoberfläche an, teilweise auch darüber, und bereite den Bauleuten immer wieder große Probleme.

Wenn in den nächsten Jahren der Verkehr auf der B33neu an dieser Stelle durch den Tunnel Hegne fließen wird, ist dieser Bereich nicht mehr wiederzuerkennen. Dann wird die Umleitungsstrecke zurückgebaut sein und an ihrer Stelle oberirdisch eine Kreisstraße zwischen Hegne und Allensbach verlaufen.

Fahrzeuglärm wird dann der Untergrund schlucken. Und darüber dürften sich ganz besonders die Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz im Kloster Hegne freuen.

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