B33 Bauabschnitte C und D: Wie man einen „Bodensee“ trockenlegt

„Das da nennen wir unseren ‚Bodensee‘.“ Oberbauleiter Josef Bosch grinst vergnügt, als ihn sein Gast wohl etwas begriffsstutzig anschaut. Es ist Mitte Oktober, man steht bei herrlichem Sonnenschein auf dem Baufeld der Bauabschnitte C und D der B33neu, zwischen Allensbach und dem Kloster Hegne. Am Horizont in Richtung Konstanz ist das Portal des Tunnels Waldsiedlung zu erkennen. Worauf Bosch deutet, ist ein riesiger Damm, der das Gelände dazwischen in zwei Hälften teilt, eine nördliche und eine südliche. „Na ja“, sagt er, „der Damm erinnert in seiner Form an den Bodensee, inklusive Überlinger See und Untersee. Und all das gilt es trockenzulegen. Denn sonst wird man hier den Tunnel Hegne nicht bauen können.“ Auf dieser Baustelle braucht man Phantasie. Und vermutlich auch Humor.

Der Tunnel Hegne ist das große Ziel. Aus heutiger Sicht ist er jedoch noch Zukunftsmusik. Um im Bild zu bleiben: Dieser Tunnel soll irgendwann einmal nördlich des geschütteten „Bodensees“ entstehen, nahe den heutigen Mauern des Klosters Hegne. Hier verläuft jedoch noch die aktuelle B33, auf der sich Tausende von Fahrzeugen bewegen. Man blickt quasi auf die Herzschlagader der Konzilstadt Konstanz.

Damit später einmal ein Baufeld und dann ein Tunnel entstehen können, muss diese Herzschlagader verlegt werden. Und genau dazu dient der Damm, den die Storzianer den Sommer über aufgeschüttet haben. Über ihn soll ab dem kommenden Jahr eine provisorische Bundesstraße verlaufen, ein Bypass. Der Damm hat noch längst nicht seine geplante Höhe erreicht. Es fehlen noch rund 4 m.

„Das alles unternehmen wir vor allem, um diesen Boden hier zu entwässern.“ Beim Thema Wasser vergeht Josef Bosch das Lächeln. Wasser ist hier auf allen Baufeldern in Seenähe der alles bestimmende Faktor. „Dieser Boden hier ist wie ein Schwamm: Kies, Sand, Lehm. Eine breiige Mischung. Auf ihm kann man so nicht bauen. Also entwässern wir ihn durch eine hohe Auflast.“

Klingt einfach, ist es aber nicht. Denn das ausgepresste Wasser muss ja irgendwo hin. Um es gesteuert austreten zu lassen, hat man im Sommer 6.500 Bohrungen niedergebracht, jede 25 m tief. In ihnen stecken Schläuche, durch welche das Wasser nach oben gedrückt und durch eine eigene Sickerschicht in Richtung Süden abgeleitet wird. „Unsere Vertikaldrainage“, sagt Bosch. „Ein Verfahren, wie ist oftmals in Holland angewandt wird.“

Die Auflast von vielen tausend Tonnen führt natürlich zu Setzungen des Bodens. Damit diese nicht außer Kontrolle geraten, dokumentieren an vielen Stellen Messgeräte die Bewegungen. Bosch zeigt am südlichen Fuß des Dammes auf eine senkrechte und eine waagerechte Röhre. Beide sind mit einem roten Verschluss versehen. „Dies sind Vertikal- und Horizontal-Inklinometer. Damit wissen wir, was im Untergrund passiert. Bis jetzt hat sich der Boden schon um 20 cm gesetzt.“ Auch der Wasserdruck im Boden werde gemessen, in 5, 10 und 15 m Tiefe, erklärt Bosch. „Wir müssen das genau beobachten. Wenn sich der Boden zu sehr verdichtet, würde sein Korngefüge zerstört und wir bekämen Ton. Dann hätten wir verloren.“

Und was ist mit dem Wasser, das vom echten Bodanrück, also von Norden zufließt? Zumal es hier am See nicht selten geregnet hat. Jetzt lächelt Bosch wieder: „Das fangen wir vorher mit einer eigenen Drainage auf und führen es gesteuert in Richtung Bodensee ab. In der Tat habe ich selten ein Jahr mit so viel Regen erlebt wie 2021. Unsere Leute haben oftmals nicht bauen können.“

Unsere Leute - das sind rund 15 Storzianer um Polier Axel Jeske. Dies hier sei eine personell außerordentlich gut ausgestattete Baustelle, sagt Bosch. Man habe hier allein fünf Bagger im Einsatz.

Beim Blick in Richtung Allensbach erkennt man am Horizont größeres Baugerät. Hier haben die Storzianer einen tiefen Einschnitt angelegt. An dessen rechtem Rand, auf der nördlichen Seite, verläuft die aktuelle Bundesstraße - mindestens 5 m über der Sohle dieses Einschnitts. Hier unten sollen später einmal die beiden Fahrstreifen der B33neu verlaufen. Die schwarzen Entwässerungsschächte verdeutlichen, wo sich dann die Fahrbahnmitte befindet.

Aber auch dies ist noch Zukunftsmusik, denn die Storzianer schaffen erst einmal die Voraussetzungen, damit das künftige Baufeld für den Tunnel Hegne angelegt werden und gleichzeitig der Verkehr über die provisorische Bundesstraße auf dem Damm fließen kann. Dazu haben sie eine Gabelung angelegt. Im Spätsommer 2022 soll dieses Provisorium in Betrieb gehen.

„Hier braucht man viel Geduld“ meint Oberbauleiter Bosch vergnügt. Klar - einen „Bodensee“ trockenzulegen ist eben nicht so einfach. Selbst wenn es sich wie in diesem Fall nur um eine Metapher handelt.

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