Brandbergtunnel Winden / Elztal: Blinde Kuh unter Wasser

Wer kennt es nicht, das Kinderspiel Blinde Kuh? Dabei geht es bekanntlich darum, mit verbundenen Augen Dinge, Personen und Situationen zu ertasten. Ganz ähnlich darf man sich den Job vorstellen, den zwei Teams von Industrietauchern im Mai am Brandbergtunnel in Winden im Elztal ausgeführt haben. In bis zu 9 m Tiefe tasteten sie sich durch das riesige Wasserbassin, die geflutete Baugrube des Trogbauwerk. Ihre Aufgaben: Die Anker der Mikrobohrpfähle am Grund der Grube und die Spundwände kontrollieren sowie die Sohle vom Schlamm befreien.

Normalerweise arbeiten sie beispielsweise für die Gas- und Ölindustrie. Sie kontrollieren Offshore-Anlagen, Pipelines oder Unterseekabel. Hier im Schwarzwald waren sie jedoch eher als „Putztruppe“ gefragt. Im Auftrag der ARGE Brandbergtunnel, dem Spezialtiefbau-Unternehmen Kurt Motz und der niederländischen Firma Ballast Nedam erledigten die Unterwasserspezialisten aus Deutschland und Holland ihre ungewöhnlichen Jobs. Aus dem Trogbauwerk wurden im Frühjahr 15.000m³ Boden ausgehoben, davon allein ca. 8.500 m3 im Nassaushub mi dem 120-to-Seilbagger der Firma Ballast. Verankerte Spundwände sicherten die Seiten des mit Wasser gefluteten Bassins gegen den Druck des umliegenden Erdreichs.

Den Tauchern oblag es jetzt, die Baugrube vom Schlamm zu befreien, erläutert STORZ-Bauleiter Andreas Böhringer. Dazu führten sie eine große Pumpe über die Sohle, durch deren Schlauch der Schlamm nach oben transportiert wurde. Sie kontrollierten außerdem die Verankerungen der 170 Mikro-Bohrpfähle, mit welchen die zu betonierende Bodenplatte gegen Auftrieb gesichert werden sollte. Diese waren zuvor gebohrt worden.

Undichtigkeiten an den Spundwänden wurden von den Tauchern unter Wasser geschweißt. Mit Bleiwesten und einer insgesamt 40 kg schweren Ausrüstung arbeiteten die Taucher jeweils stundenweise unter Wasser. Sie waren mit Frischluftschläuchen ausgerüstet und kommunizierten per Funk mit den Kollegen an der Oberfläche. Die Sichtweiten - so war zu erfahren - hätten zwischen 10 und 30 Zentimeter gelegen. Blinde Kuh eben, nur unter Wasser. „Das hier war bestimmt nicht die Karibik“, meint dazu STORZ-Bauleiter Böhringer. Er und seine Kollegen sind jedoch mit dem Ergebnis der Unterwassereinsätze sehr zufrieden.

Anschließend wurde die 1 m mächtige Betonplatte unter Wasser gegossen. Von Pontons aus geführt pumpte man das Material ohne Unterbrechung auf die Sohle des Bassins. Der Schlauch der großen Auslegerpumpe wurde dabei in die Betonschicht geführt; man füllte diese quasi von innen auf. So verhinderte man, dass Restschlamm sich mit dem frischen Beton vermischte. 2.100 m3 Beton wurden eingebaut. Dieser Einsatz dauerte knapp 30 Stunden lang, weil die Sohlplatte in einem Stück – frisch in frisch – hergestellt werden musste, um Undichtigkeiten vorzubeugen, so Böhringer. Nach einer Aushärtezeit von ca. einer Woche konnte die Baugrube endlich leergepumpt werden.

Anschließend hätten die Storzianer eine Filterschicht von 50 - 70 cm aufgebracht, sagt der Bauleiter. Darauf haben die Arge-Partner Baresel und Heitkamp die Sauberkeitsschicht und den eigentliche Konstruktionsbeton aufgebracht, der später die Grundlage für die Fahrbahnen bildet. Böhringer: „Eine richtige Sandwichbauweise.“ Inzwischen läuft die Betonage des Trogbauwerks auf Hochtouren, also der Ein- und Ausfahrt in Oberwinden.

Im Juni wurde Polier Thomas Stadler an dieser Baustelle durch Kai Penkwitz abgelöst. Stadler betreut seitdem die STORZ-Großbaustelle in Erbach. Die Storzianer am Brandberg konzentrieren sich jetzt auf die Arbeiten im Inneren des knapp 900 Meter langen Tunnels. Beim Innenausbau ist die Drainage inklusive einer Filterschicht zu verlegen sowie für die Entwässerung des Tunnels durch Schlitzrinnen und Leitungen zu sorgen. Diese führen zum Tiefpunkt der gesamten Anlage im Rettungstreppenhaus des Tunnels in offener Bauweise, wo sich ein großes Havariebecken befindet. Im Frühjahr 2023 soll der Rohbau des Tunnelbauprojekts und somit auch die Leistung von Storz und den Arge Partnern fertiggestellt sein.

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