BWI-Chef Bernd Weimer im Gespräch: „Uns wird in den nächsten 40 Jahren die Arbeit nicht ausgehen!“

Deutschlands Verkehrsinfrastruktur ist hochbelastet und vielfach marode. Tausende von Brücken sind in die Jahre gekommen und sanierungsbedürftig. Instandsetzungskolonnen haben deshalb alle Hände voll zu tun. Die Bauwerkinstandsetzung bietet deshalb jungen Ingenieurinnen und Ingenieuren, aber auch gewerblichen Mitarbeitern, genauso anspruchsvolle Aufgaben wie vielversprechende Karrieremöglichkeiten. STORZ-BWI-Bereichsleiter Bernd Weimer gibt Einblicke in seinen Zuständigkeitsbereich.

 

Worum geht es bei der Bauwerkinstandsetzung?

Unter Bauwerken aus dem Ingenieurbau versteht man Brücken, Tunnel, Parkhäuser oder Stützwände. Es sind Nutzbauwerke der Infrastruktur, die man etwa von Wohnbauten oder anderen Nutzbauwerken des Hochbaus unterscheidet. Im Ingenieurbau wird der Instandsetzungsbedarf typischerweise verursacht durch Witterung oder durch dynamische Einflüsse aus dem Verkehr. Chemische Einwirkungen, etwa durch Chloride, kommen hinzu. Solche Bauwerke unterliegen in aller Regel überdurchschnittlich starken Belastungen. Nach den Regelwerken sollen sie aber 100 Jahre halten.

 

Der zentrale Werkstoff ist Beton?

Ja, in unserem Bereich schon. Wir beschäftigen uns bei der STORZ-BWI nicht mit Stahl- oder mit Holzbrücken, dafür aber mit Bauwerken aus Beton in den verschiedensten Varianten. Man unterscheidet zwischen Spannbetonbrücken und Stahlbetonbrücken.

 

Der Neubau von großen Infrastrukturprojekten geht zurück. BWI müsste an Bedeutung gewonnen haben.

Das ist so. Bauwerkinstandsetzung hat in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Leider nicht in den Augen der Öffentlichkeit, weil es den wenigsten Bürgern bewusst ist, dass dieser Teilbereich im Bauwesen immer wichtiger wird. Woher also sollen junge Leute wissen, dass es hier große Chancen gibt? Brücken gehören mit zu den qualitativ höchstwertigen Bauwerken überhaupt. Brücken und Tunnel bilden die Königsklasse des Bauingenieurwesens.

 

Wie groß ist der Instandsetzungsbedarf in Deutschland?

Alle sechs Jahre findet bei Brücken eine Hauptprüfung statt, alle drei Jahre eine einfache Prüfung. Sollten Schäden festgestellt werden, bewertet man diese nach einem Katalog. Die Bewertungskriterien heißen „Standsicherheit, Dauerhaftigkeit und Verkehrstüchtigkeit“. Der Ingenieur der Bauwerksprüfung vergibt dann Noten zwischen 0 und 4. Bauwerksprüfnoten über 2,6 weisen auf Sanierungsbedarf hin. Das Bundesverkehrsministerium spricht davon, dass allein im Bundesfernstraßennetz 13.000 Brücken Prüfnoten zwischen 2,8 und 3,0 bekommen haben. Anders gesagt: Sie sind marode. Allerdings werden pro Jahr nur rund 100 von ihnen instandgesetzt. Wir haben also in Deutschland seit Jahrzehnten einen Sanierungsstau. Ob und in welchem Umfang jedoch saniert wird, hängt meistens von politischen Entscheidungen und finanziellen Möglichkeiten ab.

 

Warum hat STORZ vor fünf Jahren den Bereich BWI gegründet?

Wir hatten das Problem, dass immer wieder Ausschreibungen auf den Markt kamen, bei denen Bauwerkinstandsetzungen mit zum Los gehörten. Diese konnten wir damals aber nicht selber ausführen und mussten solche Instandsetzungen an Nachunternehmen vergeben. Wenn diese aber nicht interessiert waren, konnte man kein attraktives Angebot abgeben. So gingen interessante Aufträge verloren. Mit der Gründung der STORZ-BWI haben wir unsere Angebotsfähigkeit und Kompetenz im Unternehmen deutlich erhöht. Infrastrukturbauwerke und deren Instandsetzung gehören eben oftmals dazu.

 

Warum ist die Abteilung noch so klein?

Wir würden gerne wachsen. Wir suchen Kolleginnen und Kollegen, sowohl für Planung und Abrechnung, vor allem aber auch im gewerblichen Bereich. Viele junge Leute wollen nicht mehr zum Bau, was ich nicht verstehe. Hier bieten sich hochinteressante Berufsmöglichkeiten. Unverständlich ist auch, warum das große Potential an ausländischen Arbeitskräften, das hier zur Verfügung steht, nur ungenügend genutzt wird. Viele wollen arbeiten, dürfen es aber nicht, etwa weil Berufsabschlüsse nicht anerkannt werden. Oder sie bekommen keine Einreise- und Arbeitserlaubnis. Ein Beispiel dafür ist der Kosovo. Da passt einiges nicht zusammen angesichts des eklatanten Facharbeitermangels im Handwerk. Hier steht die Politik unverständlicherweise auf der Bremse. Wir könnten bei STORZ-BWI unseren Umsatz vervielfachen, wenn wir mehr Leute hätten.

 

Wie unterscheidet sich die Bauwerkinstandsetzung von anderen Bereichen im Verkehrswegebau?

Wir haben es bei der BWI nicht nur mit einem einzelnen Gewerk zu tun, sondern mit einer Vielzahl. BWI-Jobs sind deshalb besonders interessant und suchen ihresgleichen. Man muss sich in vielen Themenbereichen auskennen: Stahlbau, Entwässerung, Abdichtung, Lager, Fahrbahnübergänge, Spannbetonbau. Man braucht eine große Bandbreite. Wir müssen Allrounder sein. Das unterscheidet uns von den meisten Bereichen der Baubranche. Wenn daran jemand Interesse hat, dann hat er hier alle Entfaltungsmöglichkeiten, die es geben kann in unserer Branche.

 

Wäre BWI also etwas für junge Bauingenieure, die gerade ihr Studium hinter sich haben, oder ist sie doch eher etwas für Erfahrene?

Gerade für Berufsanfänger ist die Bauwerkinstandsetzung interessant, weil sie sich eben noch nicht auf einen Bereich konzentriert und damit andere mehr oder weniger ausgeblendet haben. Nichts gegen Spezialisierungen. Bei der Bauwerkinstandsetzung jedoch muss man von Anfang an über den Tellerrand der einzelnen Gewerke hinausschauen. Wir brauchen Leute, die den Werkstoff Beton beherrschen, aber auch mit Stahl und klassischem Mauerwerk umgehen können. Im gewerblichen Bereich wären ausgebildete Betonbauer nicht schlecht. Auch Hochbaufacharbeiter, die handwerkliches Geschick haben und schalen können, sind hochwillkommen. Es lohnt sich auf jeden Fall, einmal bei der STORZ-BWI anzuklopfen.

 

Wie sicher sind die Jobs in der Bauwerkinstandsetzung?

Die nächsten 40 Jahre geht uns die Arbeit sicherlich nicht aus. Das gilt für die gesamte Instandsetzungsbranche. Wir werden garantiert nie Hunger leiden.

 

Informationen zu den Bildern:

 

Bernd Weimer, STORZ-Bereichsleiter Bauwerkinstandsetzung.

 

Rottenburg: Sanierung und Teilneubau des Bauwerks 586 an der B28.

 

Freiburg: Sanierung der Stühlingerbrücke.

 

Tuningen: Nächtliche Sanierungsarbeiten an der Brücke der K5711 über die B523.

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