Fahrbahndeckenerneuerung auf der L432: „Großes Orchester“ am Hohenkarpfen
So wie diese 2,9 km messende Baustelle auf der L432 zwischen Durchhausen und Seitingen-Oberflacht sollen ab dem kommenden Jahr wohl alle Straßenbaumaßnahmen des Landes umgesetzt werden, wenn es um eine Erneuerung der Fahrbahndecken geht. In Sichtweite des Hohenkarpfen wurde hier temperaturabgesenkter Asphalt (TA) eingebaut, und zwar nach den Vorgaben des QSBW 4.0, wohinter sich die weitgehende Digitalisierung aller wesentlichen Abläufe im Zusammenhang mit dem Asphalteinbau verbirgt. STORZ realisierte diese Baumaßnahme im Hochsommer.
Auf den ersten Blick unterscheidet sich diese Straßenbaustelle für den Laien nicht von anderen. Erst bei näherem Hinsehen fällt die Vielzahl der eingesetzten Walzen auf. Wo man in der Regel vier Walzenzüge erwartet hätte, sind es hier sechs. Ein „großes Orchester“ also, und dies ist kein Zufall. „Wir bauen hier sogenannten temperaturabgesenkten Asphalt ein, und dies erfordert verschiedene Modifikationen im Bauablauf“, erläutert Bauleiter Michael Walter, der zusammen mit Oberbauleiter Tobias Barthelmeß und QSBW-Betreuer Sascha von Au für diese Fahrbahndeckenerneuerung zuständig ist. „TA-Asphalt ist rund 30 Grad kühler als herkömmlicher Asphalt. Er hat zwar immer noch ca. 130°-160° Celsius bei der Anlieferung, aber die Einbauzeit und das Walzfenster verkürzen sich doch spürbar.“ Daher die Vielzahl der Verdichtungsgeräte – sie müssen die gleiche Leistung in kürzerer Zeit erbringen.
Sascha von Au zückt sein Mobiltelefon. „TA-Asphalt ist ein wichtiger Teil der kommenden Standards im Straßenbau, die wir hier schon vorwegnehmen. Die öffentlichen Auftraggeber haben sich für TA-Asphalt insbesondere aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen entschieden. Es entstehen beim Einbau weniger Aerosole. Außerdem erwartet man durch die geringere Temperatur auch eine bessere Energie- und damit Klimabilanz. Auf unserer Baustelle hier arbeiten die Kollegen zusätzlich nach dem Regelwerk ‚Qualitätsstraßenbau Baden-Württemberg 4.0‘. Und nach diesem müssen alle Einbauvorgänge, von der Produktion des Materials in den Asphaltmischanlagen bis hin zur Verdichtung, organisiert und dokumentiert werden. Dies ist ein erheblicher Arbeitsaufwand!“
Auf dem Handy des Abrechners und QSBW-Experten lässt sich in der Tat genau verfolgen, wo welcher LKW sich gerade befindet, wo Beschicker und Asphaltfertiger gerade einbauen und wo welche Walzen rollen. Die Fahrzeuge sind allesamt mit Trackern ausgerüstet, die ihre Standorte kommunizieren. Von Au: „Wenn es beispielsweise Schwierigkeiten bei der Anlieferung gibt, etwa wenn LKW im Stau stehen und nicht rechtzeitig die Baustelle erreichen, meldet es das System. Dann würde der Fertigerfahrer wahrscheinlich die Einbaugeschwindigkeit verringern, vielleicht von 3,5 m pro Minute auf 3 m, bis es wieder passt. Auf einer solchen Baustelle können wir alles bis ins Kleinste dokumentieren, bis hin zur Verdichtung durch die Walzen. Und so weisen wir die Einbauqualität nach, die man von uns erwartet.“
Auch auf dieser Baustelle trifft man Andreas Loga und Sebastian Danner wieder. Dieser hat nach einer Drohnen-Befliegung das digitale 3D-Geländemodell entwickelt, an dem sich zuerst eine Großfräse und jetzt die Steuerung des Asphaltfertigers orientiert. Loga obliegt die gerätepraktische Umsetzung der digitalen Informationen – er hat den Fertiger mit der nötigen Topcon-Maschinensteuerung ausgerüstet. Die neue Fahrbahndecke baut man hier mit einer anderen Querneigung ein, und zwar auf wenige Millimeter genau. Präzision, die diesen digitalen Hilfsmitten zu verdanken ist.
Der Einbau selbst liegt in den Händen der Asphalt-Poliere Sven Dorn und Marcus Wagner und ihrer Kollegen. Die beiden sind mit ihren Kolonnen ein eingespieltes Team. Dies ist nicht die erste Baustelle, auf der sie aufgrund der Vorgaben durch den Auftraggeber ihre Kräfte bündeln müssen. „Eine einzelne Kolonne hat keine sechs Walzen zur Verfügung - deshalb tun wir uns zusammen“, erklärt Sven Dorn. „Wir haben für den Einbau von temperaturabgesenktem Asphalt ja weniger Zeit. Also muss alles exakt getaktet sein. Es darf nicht zu Unterbrechungen kommen. Jetzt, im Hochsommer, gelingt uns das gut. Aber wenn die Temperaturen im Herbst erst einmal sinken und sich die Einbaufenster noch mehr schließen, dann wird es für uns Asphaltbauer richtig spannend!“
Von mangelnder Hitze kann an diesem Julitag keine Rede sein. Die Arbeiten laufen gut – heute ist die Tragschicht dran, welche nur auf der Hälfte der Strecke erneuert wird: zwischen 8 und 12 cm mächtig, in einer Breite zwischen 6 und 7,5 m. Auf der gesamten Strecke folgen später Binder- und Deckschicht.
Die Einbauqualität und Verdichtung überwacht Baustoffprüfer Christian Hoffmann. Nachdem erst eine Gummiradwalze den frisch eingebauten Asphalt noch einmal geknetet und für einen Porenverschluss an der Oberfläche gesorgt hat, folgen die Walzen mit Glattmantelbandagen. Bei eingeschalteter Vibrationseinheit wird ihre Kraft körperlich spürbar.
Hoffmann misst mittels einer Troxlersonde die erzielte Verdichtung. Alle 200 m2 unternimmt er eine radiometrische Messung mit dieser Isotopensonde und ihrem eingebauten Gammastrahler. Hier stellt er eine Verdichtung von 99,5 % des Sollwertes fest: sehr gut! Er ist zufrieden mit dem Einbauergebnis.
Fahrbahndeckenerneuerung auf der L432: Insgesamt spielt hier ein großes Orchester an Maschinen und Einbaugeräten. Wobei die Gruppe der Walzen wohl am stärksten besetzt ist.
Die Kollegen der beiden Asphalt-Kolonnen: Sven Dorn (Polier), Didier Velz, (Facharbeiter), Robert Rakoski, Ibishi Triton (Walzenfahrer), Angelo Rosato (Asphaltfertigerfahrer), Mirko Ulbrich, (Beschickerfahrer) / Marcus Wagner (Polier), Heiko Wagner, Steffen Reisinger (Facharbeiter), Heiko Simon, Salvatore Scalfanie (Walzenfahrer).
Informationen zu den Bildern:
Die L432 bei Durchhausen – auf 2,9 km Länge wird ihre Fahrbahndecke erneuert.
Die Sanierung erfolgt mittels eines digitalen Geländemodells und entsprechender Maschinensteuerung.
Großes Orchester - Insgesamt sechs Walzen sorgen auf dieser Baustelle für die richtige Verdichtung.
Die Bauleiter Wladimir Schaber und Michael Walter sowie Abrechner und QSBW-Experte Sascha von Au (v.l.).