In Balingen und in Albstadt: STORZ erweitert Deponien - im Schwarzen und im Weißen Jura
Mineralische Abfälle – Erdreich, Bauschutt oder industrielle Reststoffe - fallen in riesigen Mengen an. Sie sind Teil des größten Stoffstroms, der in Deutschland bewegt wird. Viele hunderttausend Tonnen können zwar recycelt und als Baumaterial für Straßen oder Bauwerke wieder genutzt werden. Doch ein Großteil dieses Materials wird nach wie vor deponiert. Deponieraum ist allerdings knapp. Deshalb lässt der Zollernalbkreis zwei seiner Deponien in Balingen und in Albstadt für insgesamt 14,7 Mio. Euro ausbauen. STORZ Deponiebau und CONVIA Geo Consult realisieren diesen Millionenauftrag, der für mehrere Jahrzehnte neuen Platz schaffen soll für belastetes und für unbelastetes Material.
Es sind zwei riesige Erdbaustellen, die jenseits der öffentliche Aufmerksamkeit seit Januar 2024 in Balingen beziehungsweise seit Februar in Albstadt realisiert werden. Bis zu 35 Storzianer haben hier zu Spitzenzeiten gearbeitet. Beim Besuch Mitte Oktober sind es allerdings etwas weniger, die unter der Bauleitung von Marius Binkert erhebliche Bodenmassen bewegen.
Auf beiden Deponien modellieren sie jeweils zwei sogenannte Wannen, in denen künftig mineralische Abfälle verschiedener Deponieklassen gelagert werden sollen: je eine für DK 0- und je eine für DK I-Material. In den DK 0-Bereichen wird es künftig möglich sein, leicht belastete Böden, Abraum aus Straßengräben oder leicht verunreinigten Bauschutt zu lagern. Die DK I-Bereiche sind sogar für asbest- oder teerhaltige Baustoffe, belasteten Bauschutt, Dämm-Materialien, Schlacken und Aschen, Schleifmittel und Strahlsande, Sandfang-Rückstände aus Kläranlagen sowie Gleisschotter zugelassen.
„Mit diesen beiden Deponie-Erweiterungen bleibt der Zollernalbkreis auf viele Jahre handlungsfähig“, erläutert Marius Binkert. „Allerdings bauen wir hier in komplett unterschiedlichen geologischen Verhältnissen. Einfach gesagt: In Balingen bauen wir im Schwarzen Jura, in Albstadt im Weißen Jura.“
Blicke in die Erdgeschichte
Was dies bedeutet, kann man in Balingen riechen. Hier, auf der Deponie Hölderle, liegt ein leichter Geruch nach Mineralöl in der Luft. „Kein Wunder“, sagt der Bauleiter, „wir befinden uns hier ja auch im so genannten Öl- oder Posidonienschiefer. Dies ist das älteste Jura-Sediment, ca. 200 Mio. Jahre alt. Es beinhaltet Bitumen und schwerflüchtige Öle. Zudem finden sich hier zahlreiche Fossilien.“ Das Schichtgestein hier ist grau-schwarz und trocken. Wer es horizontal spaltet, hat gute Chancen, Ammoniten zu entdecken, die kreisförmigen Kopffüßler aus dem Erdmittelalter. Dieser Posidonienschiefer hier wird durchzogen von wenige Zentimeter mächtigen, flächigen Bänken aus braunem Kalkstein. „Den müssen wir aussortieren, aber den Schiefer können wir fräsen und aus dem trockenen Sediment ein bindiges, toniges Material erstellen, dass Dichteigenschaften hat.“
Dies sei erdbautechnisch eine Premiere, nicht nur regional, sondern deutschlandweit. Binkert: „Was wir hier machen, ist ein Novum. Es hat noch nie jemand diesen Posidonienschiefer zu einer Deponie-Dichtung aufbereitet.“
Für die praktische Umsetzung der Deponiebaustelle Balingen ist Polier Francesco Cottitto mit einem vielköpfigen Team zuständig. Mit Herzlichkeit und nötigenfalls auch mit Deutlichkeit orchestriert der gebürtige Sizilianer dieses Ensemble aus zahlreichen Maschinisten, die hier mit Kettenbaggern, Raupen und Walzen das Landschaftsbild umformen. Wo früher eine Wiese als Reservefläche für die Erweiterung der Deponie diente, haben die Storzianer 13 m in die Tiefe gegraben, auf über 4 ha Fläche. Eine eigens für Einsätze im Tagebau konzipierte Großfräse habe den Schiefer hier schichtweise abgetragen und gleich zerkleinert, um ihn vor Ort zum Wiedereinbau aufzubereiten, erläutert Bauleiter Binkert: „Damit konnten wir mehrere Arbeitsschritte sparen und unsere Leistung optimieren.“
Dieses große Loch begrenzen nun Böschungen und Wälle. Hier soll bald DK 0-Material gelagert werden. Für die nötige Entwässerung sorgen Drainageleitungen, die in drei große Sickerwasserbecken münden, die zum Zeitpunkt des Besuchs noch nicht angelegt sind.
Die zweite große Wanne, quasi in Rufweite gelegen und noch nicht so weit gediehen wie die erste, ist für DK I-Material vorgesehen. Die Abdichtung ist hier deutlich aufwendiger. Auf das Planum schichtet man eine 1 m mächtige Dichtungsschicht aus aufbereitetem Posidonienschiefer, auf welcher spezielle Kunststoff-Dichtungsbahnen in Stärke von 2,5 mm verlegt werden. Darauf folgt ein Geo-Vlies und nochmals eine 0,5 Meter mächtige Entwässerungsschicht. Material, welches von der CONVIA Geo Consult gesammelt, aufbereitet und geliefert wird.
„Insgesamt legen wir hier eine Ringleitung von knapp einem Kilometer Länge in einer Tiefe von 12 bis 14 m an, die im Freispiegel dieses Sickerwasser in die Kanalisation entsorgt“, so Marius Binkert.
Hier, in der künftigen DK I-Wanne, liegt der Ölschiefer noch teilweise unbearbeitet. Polier Cottitto zeigt sich begeistert von den eingeschlossenen Fossilien: „Schauen Sie mal, was da glänzt! Das ist Pyrit. Katzengold. Wenn es echtes Gold wäre, würde ich hier alles umgraben!“ Er lacht herzlich, und dies in Sichtweite von altem Reichtum: Am Horizont erkennt man im Dunst die Burg der Hohenzollern bei Hechingen.
STORZ-Patchwork auf der Alb
Marius Binkert nimmt sich Zeit an diesem Tag. Man fährt nach Albstadt. Nach einer halben Stunde ist man auf der Höhe, auf der es spürbar kühler ist als in Balingen. Auch die Deponie Schönbuch wird deutlich erweitert. Polier Thomas Betz leitet ein vielköpfiges Team von Storzianern aus unterschiedlichen Bereichen: vom Deponiebau über die Niederlassung Sigmaringen, MTA und CONVIA Logistik bis hin zu Kollegen aus Donaueschingen - ein Patchwork. Man unterstützt sich innerhalb des Unternehmens und auch innerhalb dieses Deponiebauprojektes an den beiden Standorten. Betz selbst gehört zur STORZ-Dependance in Inzigkofen. „Für mich ist diese Deponie eine Premiere“, sagt er und grinst. „Ich wollte mal etwas Anderes kennenlernen.“ Als jahrzehntelang erfahrener Tiefbauer habe er ganz einfach Lust auf neue berufliche Erfahrungen gehabt.
Die erdgeschichtlichen Formationen hier gehören zum Weißen Jura und sind rund 150 Mio. Jahre alt, also deutlich jünger als in Balingen. Um die Wannen anzulegen, kann man das Gestein hier sprengen. Auch hier wurden bereits hunderttausende Tonnen von Gestein ausgebaut, 6 bis 8 m tief gegraben. Immerhin misst die Fläche der DK 1-Wanne 1,4 ha, die der DK 0-Wanne sogar 2,6 ha. Binkert: „Auf unseren beiden Baustellen geht ohne GPS gar nichts. Mit klassischen Vermessungstechniken könnten wir längst nicht die nötige Produktivität erreichen.“ Alle zwei Wochen werden die rasanten Baufortschritte auf beiden Deponien von Vermesser Sebastian Danner mit seiner Drohne dokumentiert.
Während in Balingen der DK 0-Bereich schon weitestgehend fertiggestellt werden konnte, ist es hier in Albstadt die DK I-Wanne. Sie wird teilweise schon genutzt und mit Deponiematerial beschickt. Im Oktober stellt man gerade mit Schubraupe, Langarmbagger und Walzen die Lehmdichtung und die restlichen Böschungen der Wanne her. Es lassen sich aber noch gut die aufwendige Abdichtung und die Entwässerung erkennen. Auch hier wurden die nötigen Anschlüsse an die Kanalisation geschaffen.
Der Muschelkalk der Deponie Schönbuch ergibt hervorragendes Baumaterial für den Verkehrswegebau und auch für Frostschutz- und Drainageschichten. Von Zeit zu Zeit besucht Manuel Huber mit seiner mobilen Brechanlage diese Großbaustelle und produziert den entsprechenden Schotter.
Man hat es eilig, noch möglichst weit zu kommen angesichts des bevorstehenden Winters. Immerhin sollen beide Deponie-Erweiterungen Ende kommenden Jahres fertiggestellt sein. Bauleiter Marius Binkert kann jedoch beruhigen: man ist durchaus im Zeitplan.
Zwei Großbaustellen im Schwarzen und im Weißen Jura, an die sich alle Beteiligten wohl noch lange erinnern dürften.
Informationen zu den Bildern:
01: Die Deponie Hölderle in Balingen – hier prägt Öl- oder Posidonienschiefer die Geologie. Es ist der „Schwarze Jura“. Im Bild oben der DK 0-Bereich, unten die DK I-Wanne.
02: 13 m tief haben die Storzianer in Balingen auf über 1 ha die Erweiterungsfläche abgetragen.
03: Polier Francesco Cottitto (l.) und Bauleiter Marius Binkert.
04: Polier Thomas Betz auf der Deponie Schönbuch bei Albstadt - hier bestimmt der Kalkstein des „Weißen Jura“ die Geologie.