Spindeltreppe an der Stühlingerbrücke: Freiburg hat seinen „stairway to heaven“ wieder

Für so manchen ist diese Ballade eines der schönsten Musikstücke des Rock: „Stairway to heaven“ von Led Zeppelin. In Freiburg haben die Bürger ihre „Treppe in den Himmel“ jetzt zurück. Nach ausgesprochen komplizierten Planungen errichtete die STORZ-Bauwerkinstandsetzung die markante Spindeltreppe an der Stühlingerbrücke – eine komplett neue Konstruktion, welche dem Original von 1991 jedoch weitestgehend gleicht. Unmittelbar vor dem Konzerthaus gehört sie zusammen mit den markanten Kreiselskulpturen zu den prägenden Elementen der Universitätsstadt.

BWI-Bereichsleiter Bernd Weimer gibt gerne zu: „Als Mitte Oktober als krönender Abschluss die 14 to schwere Podestplatte eingehoben war, fiel uns allen ein Stein vom Herzen.“ Mit „uns“ meint er auch Polier Steffen Hepfer, die Facharbeiter Ekrem Morina, Lars Spangenberg und den Fachwerker Damir Zec . Unter den Augen der städtischen Auftraggeber und zusammen mit einem Spezialtransportunternehmen war die Millimeterarbeit vollbracht und dieser letzte Betonkoloss an seinem Platz. Mit diesem Einbau weit nach Mitternacht endete eine lange Geschichte.

Es ist die Geschichte einer gewagten Konstruktion, die fast ein Jahrzehnt lang ihr Dasein jedoch als Provisorium fristen musste. Weimer: „Diese außergewöhnliche Treppe unmittelbar am damals neuen Konzerthaus war entworfen worden als „einachsige“, quasi normale statische Konstruktion, dann aber noch kurzfristig vor Ausführung in ein räumliches Tragwerk durch eine unglückliche Verbindung der Einzelfertigteile umgestaltet. Um die zentrale Achse, die Spindel, wurden die Stufen als Fertigteile aufgefädelt. Nur führten die Lasten der Passanten durch die oben erwähnte Änderung des ursprünglich angedachten Tragverhaltens zu höheren, nicht in der Planungsphase berücksichtigten Verformungen als erwartet.  Diese wiederum hatten Risse im Beton zur Folge mit den entsprechenden Konsequenzen: eindringendes Wasser und Chloride, rostende Stahl-Bewehrungen. Seit 2013 bekam die Treppe deshalb ein Exoskelett und wurde von einer Holzkonstruktion gestützt. Nicht schön.“

 

Komplizierte Ausführungsplanung

Damit endete eine luftig-leichte und elegante Konstruktion quasi an Krücken. Bis man beschloss, sie im Rahmen der Sanierung des östlichen Teils der Stühlingerbrücke, die von STORZ-BWI ausgeführt wird, durch eine gleich aussehende, aber bautechnisch bessere, im Detail durchdachte Konstruktion zu ersetzen. Weimer: "Dies war einfacher gesagt als getan. Auf Grundlage der Entwurfsplanung der Stadt Freiburg hat STORZ die Vermessung und die Ausführungsplanung auf Basis des Entwurfs des Bauherrn entwickelt. Anders gesagt: Wir haben die neue Treppe in ihren einzelnen Elementen errechnet und dem Hersteller der Beton-Fertigelemente die genauen Vorgaben gemacht.“ Dieser habe sich in der Firma Birkenmeier in Breisach-Niederrimsingen gefunden, nachdem Wettbewerber aus fünf europäischen Ländern abgewunken hatten. „Zu kompliziert, zu risikobehaftet, vielleicht verlustbringend – so lauteten die Begründungen. Aber mit den Kollegen ‚von nebenan‘ haben wir es hervorragend geschafft!“

Klingt einfach, war es aber nicht. Denn alle Stufenelemente waren individuell zu berechnen und zu gießen. Im Unterschied zu früher in ihrem Inneren mit V4A- Chrom-Nickel-Stahl mit Molybdän bewehrt. Weimer: „Das Beste, was es gibt. Da kann selbst im schlimmsten Fall nichts mehr rosten.“ Stück für Stück seien diese nunmehr als Doppelstufen ausgelegten Element nach und nach „aufgespindelt“ worden.

 

Nächtliche Millimeterarbeit

Fehlte nur noch die Podestplatte – quasi als „Schlussstein“. Und diese wurde am 17. Oktober schließlich angeliefert, auf einem Tiefbordlader. Zwei Mobilkräne von 160 und von 90 to warteten schon im abgesperrten Straßenbereich vor dem Konzerthaus. Nur zu zweit war es möglich, das Werkstück vom Transporter auf eine Holzunterlage auf der halbseitig gesperrten Bismarck-Allee umzulagern. Danach hatte der „kleinere“ Kran seine Aufgabe erfüllt.

Dem Giganten oblag es jetzt, die Platte an ihre endgültige Position zu hieven. „Es war ein Kunststück, die vier Gehänge zu tarieren, und es war Millimeterarbeit, den Betonkoloss einzuheben“, sagt Weimer im Rückblick. „Wir saßen da alle auf heißen Kohlen.“

Bis es eben geklappt hatte, so gegen 3 Uhr nachts. Bis zur endgültigen Betonnage des Auflagers ruhte die Platte auf Doppel-T-Jochträgern aus Stahl. Das nötige temporäre Geländer wurde schließlich vor Ort angepasst und eingebaut.

Sehr viel Arbeit für die Neukonstruktion eines denkmalgeschützten Bauwerks, das Leichtigkeit und Eleganz sinnfällig machen will, es aber so lange Jahre nicht konnte. Jetzt aber kann es freitragend wieder seinem eigentlichen Zweck dienen, nämlich als Treppe himmelwärts zu führen. Stairway to heaven eben.

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